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Vielleicht morgen Angela Kiefer-Hofmann

Autor: Angela Kiefer-Hofmann
Verlag: Die Furt 2008
ISBN: 393341683

Geschichten vom Überleben 1945 um Hartmannsdorf bis Markgrafpieske.

Alle standen unter dem Eindruck der letzten Tage, hatten sich im Wesen verändert und ihre frühere Beredsamkeit verloren. Erst nach und nach begannen sie zu fragen und von ihren eigenen Erlebnissen zu erzählen auf ihren Wegen durch das Ende.

Alle standen unter Schock. Die Ungeheuerlichkeit diesesVerbrechens, das Entsetzen über die SS und der Schrecken seit dem Einmarsch der Sowjets; dazu die Flucht und die trostlose Rückkehr. Jeder wusste etwas von der Mordnacht. Steinchen für Steinchen setzte sich das Mosaik zusammen. Schon jetzt rankten sich Gerüchte und Mutmaßungen, Verdächtigungen, handfeste Schuldzuweisungen und viele Geheimnisse um die Vorgänge dieser Nacht.


Rezension:

Angela Kiefer-Hofmann, Vielleicht morgen. Geschichten vom Überleben 1945
Verlag Die Furt 2008

Die 1954 geborene und im Frankenwald aufgewachsene Autorin fragt sich, was nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges in der russisch besetzten Zone geschehen ist. Angeregt durch die Lektüre des Romans "Am grünen Strand der Spree" von Hans Scholz zieht Angela Kiefer-Hofmann nach Reichenwalde und befragt Zeitzeugen im Umkreis ihres neuen Wohnortes. Die ihr erzählten Geschichten verwendet sie unter anderem, um vor den Augen des Lesers die märkische Landschaft mit ihren Besonderheiten entstehen zu lassen. Diese liebevoll geschilderte Natur kontrastiert mit der Grausamkeit der menschlichen Ausschweifungen in den letzten Kriegstagen, die anhand einzelner Schicksale geschildert werden.

Zunächst geht es um einen jungen Mann, der eingezogen wird, um an der Ostfront zu kämpfen. Er gerät in russische Gefangenschaft. Anschaulich schildert die Autorin diese lange Zeit der Ungewissheit, die verschiedenen Etappen seiner Verschleppung, seine Rückkehr nach Deutschland und seine Integration in eine ihm fremd gewordene Umgebung. Es folgt ein Bericht über das Kriegsende in Hartmannsdorf: Der Ort wird in den letzten Kriegstagen von der SS zurückerobert und zahlreiche Bewohner werden erschossen, die bereits die weiße Fahne in Erwartung der Ankunft der Sowjets herausgehängt hatten. Aber auch der Einmarsch der Sowjets bringt Schrecken mit sich. Die nun folgenden kurzen Geschichten schildern Einzelschicksalen über das Leben in der sowjetischen Besatzungszone. Der Krieg und die Nachkriegszeit werden also aus den unterschiedlichsten Perspektiven beschrieben, so dass der Leser sich ein differenziertes Bild vom Geschehen in dieser Region machen kann.

Angela Kiefer-Hofmann situiert die ihr erzählten individuellen Erfahrungen in einen historischen Gesamtkontext, indem sie - ypografisch deutlich abgesetzt - geschichtliche Daten und politische Ereignisse einfügt. Sie verdeutlicht dadurch, wie politische Entscheidungen sich auf das Leben der von ihr beschriebenen Schicksale auswirken, die stellvertretend für eine ganze Bevölkerungsschicht stehen. Zwei Landkarten ermöglichen es dem Leser, den Weg der Vertriebenen nachzuvollziehen; Literaturhinweise laden zu weiteren Recherchen ein. Da immer weniger Menschen von dieser Zeit erzählen können, trägt das Buch dazu bei, dass die deutsche Nachkriegsgeschichte nicht in Vergessenheit gerät.


Dr. Helmtrud Rumpf
18,00 EUR


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